Aus 5 mach 7

Umrüstung und Modernisierung einer Fruchtsaftabfüllanlage - Für die Fa. Emig GmbH & Co. KG, einen Anbieter von alkoholfreien Getränken, bedeutete der Umstieg von der bestehenden S5-Architektur im Steuerungssystem der Reinigungs- und Abfüllanlagen auf ein S7-basiertes System nicht nur den Austausch von Hardwarekomponenten, sondern auch die Anpassung der gesamten Steuerung an geänderte Anforderungen im Kommunikationsumfeld. Hierzu zählen zum einen größere Speicherkapazitäten und höhere Geschwindigkeiten der Steuerungskomponenten, zum anderen Möglichkeiten der Prozessdatenkommunikation mit dem Produktionsserver und die Visualisierung über HMI. Mit CPUs aus der Speed7-Serie von Vipa wurde eine Lösung gefunden, die alle Anforderungen erfüllte.

Der Hauptsitz der Emig GmbH & Co. KG befindet sich in Rellingen vor den Toren Hamburgs. Mit 1,5 Milliarden Litern abgefüllter Getränke, produziert in fünf Produktionsstätten, zählt das Unternehmen zu den führenden europäischen Fruchtsaftabfüllern. Über zwei Produktionsstandorte in Deutschland (Calvörde bei Magdeburg und Waibstadt bei Heidelberg) sowie Produktionsstätten in Polen, England und Frankreich werden Abnehmer in rund 30 Ländern versorgt.

Abgefüllt werden die Fruchtsaftgetränke in Kartonverpackungen, Glasflaschen und PET-Flaschen. Bei allen Abfüllarten sind höchste Hygienevorgaben zu erfüllen, die ständig vom Labor überprüft werden. Entsprechend hohe Anforderungen bestehen für die Abfüllanlagen.

Umbau und Modernisierung im Abfüllbereich

Die Um- und Ausrüstung der Pasteure im Abfüllbereich des Werkes Waibstadt mit neuer SPS-Technik wird im Folgenden näher beschrieben. Die bestehenden Steuerungen der Abfüllanlagen bestanden noch aus Siemens S5-Steuerungsmodulen der ersten Generation. Die Integration des Prozessleitsystems Plant iT durch ProLeit zeigte dann aber sehr schnell, dass aufgrund der Abkündigung von S5 die Realisierung nur mit einer S7-Steuerung möglich war.

Aufgrund guter Erfahrungen mit Vipa-Steuerungen als Alternative zum Marktführer wurde schnell diese Variante in Betracht gezogen. Aufgrund der räumlichen Nähe – beide Unternehmen sind im fränkischen Herzogenaurach angesiedelt – erfolgt der Erfahrungsaustausch zwischen beiden Firmen schon seit Jahren auf kürzestem Wege.

Für die Wahl dieser Systemlösung sprach neben der räumlichen Nähe beider Firmen die Performance der Speed7-CPUs von Vipa, die die Systemvorgaben des Leitsystems hinsichtlich Speicherkapazitäten und Geschwindigkeit erfüllen konnten.

Die SPS-Steuerung, an deren Kopf eine CPU 317SN/NET zusammen mit digitalen und analogen Ein- und Ausgabebaugruppen als Zentraleinheit eingebaut ist, übernimmt die gesamte Ansteuerung und Überwachung der Pumpen und Ventile sowie die Regelung der Temperaturen, die in einem eng begrenzten Toleranzbereich liegen. Die Steuerung überwacht etwa 140 digitale I/Os und ca. 15 analoge Eingänge.

In den Steuerungs- und Regelkreislauf sind Ventile, Durchflussmesser, Leitwertmesser, Frequenzumrichter, Pumpen sowie die Visualisierung integriert. Um weite Kabelwege zu vermeiden, wurde am Aufstellort der Anlage ein weiterer Schaltschrank angebracht, in dem dezentral über Profibus weitere Signalbaugruppen angebunden sind.

Die Visualisierung wurde via Ethernet angebunden. Hierfür erwies sich die integrierte Ethernet-Schnittstelle der CPU als nützlich. Der Pasteur ist mittels E/A Kopplung mit der Abfüllmaschine verbunden, der Durchfluss während der Produktion wird so von der Abfüllmaschine vorgegeben. Für die CPU war hier eine Mindestzykluszeit von 40 ms ausreichend.

Vor der Inbetriebnahme wurde die Anlage zunächst komplett im Büro programmiert und anhand einer Simulation in Teilen getestet. Nachdem die Verdrahtung der E/A-Punkte geprüft war, wurde die Anlage einer ersten Prüfung zunächst mit Wasser unterzogen und danach gereinigt. Aufgrund der dabei gesammelten Daten erfolgte die Anpassung und Optimierung aller Programmschritte. Die endgültige Festlegung der Einstellungswerte erfolgte abschließend durch das werkseigene Labor.

CIP-Anlagen

Zusätzlich wurden auch die bestehenden S5/115U Steuerungen der zwei CIP-Anlagen für Füller, Pasteure und Tanks sowie dreier Weichpackungspasteure ersetzt. Zum Einsatz kamen hier CPU 317 SN/NET-Module. Darüber hinaus wurde eine ET200M nachträglich mittels Profibus an die neu errichtete Speed7 CPU angebunden.

Auch der Bereich des Palettentransportes wurde grundsätzlich erneuert. Die bis dahin auf vier verschiedene Steuerungen verteilten und an eine zentrale CPU gekoppelten Anlagenteile sollten mit einer einheitlichen Steuerung versehen werden. Durch den Einsatz von CPU-Bausteinen der Serie 315 konnten neue Anforderungen wie Palettenverfolgung und eine Erhöhung der Leistung realisiert werden.

Palettier- und Wickelzentrum

Ein weiteres anspruchsvolles Projekt war die Modernisierung der Palettier- und Wickelzentren. Nahezu alle Steuerungen waren noch als Siemens S5 in verschiedensten Ausprägungen ausgeführt. Die Herzogenauracher Firma Artschwager und Kohl Software ersetzte in Zusammenarbeit mit Personal des Unternehmens Emig mehrere Siemens S5-Steuerungen durch 315/NET-Modelle. Dies war die Grundlage dafür, dass die verschiedenen Steuerungen für Palettenbahnen, Transferwagen und Wickler an eine durchgängige Materialflusssteuerung angepasst werden konnten.

Durch die Modernisierung stellt das Logistik Management System (LOMAS) nun die Daten für alle Palettierer in Echtzeit zur Verfügung. Das Personal startet an LOMAS einfach den nächsten Palettierauftrag, die Materialflusssteuerung und LOMAS kümmern sich um das Datenmanagement. Die Paletten werden chaotisch durch die verschiedenen STREMA-Wickler zu den Applikationsdruckern transportiert. Dort versorgt LOMAS und die Materialflusssteuerung in den SPSen die Drucker mit den erforderlichen Daten. Durch die Modernisierung können nun alle Paletten vollautomatisch etikettiert und die Bestände automatisch in die Blocklager eingebucht werden. Die Qualität der Bestandsbuchungen konnte so deutlich gesteigert werden.

Betriebsdatenerfassung

Die Messgeräte für die einzelnen Medien wurden teilweise in Profibus eingebunden. Zusätzlich wurden in mehreren Schalträumen weitere ET-Stationen angebracht, die Impulse (Stromverbrauch) der verschiedenen Aggregate einlesen und aufzeichnen. Die Verbrauchsdaten werden zurzeit über einen OPC-Server abgerufen und in Excel abgelegt. Somit können die Verbräuche exakt dem Zeitpunkt und Verbraucher zugeordnet werden.

In einem folgenden Schritt soll unter teilweiser Beibehaltung der bestehenden S5-Racks die gesamte Wasserversorgung des Betriebs modernisiert werden. Hierbei ist als übergeordnete Einheit eine CPU 317SN/NET geplant, die Einbindung der alten Steuerungseinheiten erfolgt mittels Profibus-Adapterkarten.

Die besondere Schwierigkeit besteht in einem sehr engen Zeitfester. Für den Umbau steht nur ein Wochenende zur Verfügung. Um Schwierigkeiten in der Umstellungsphase zu vermeiden, bleibt die Möglichkeit erhalten, während des Umbaus jederzeit wieder auf die alte S5-Konstellation zurückzugreifen.

Fazit

Mit den Speed7-CPUs von Vipa wurde für die verschiedenen Einsatzgebiete eine einheitliche Lösung gefunden, die sowohl hinsichtlich der Leistungsanforderungen des Leitsystems als auch bei Bauform und Preis die Vorstellungen von Emig erfüllte. Weitere Vorteile sind in der generellen Verwendung des Simatic-Managers von Siemens für alle verbauten CPUs und einer vereinfachten Vorratshaltung durch die Downgrading-Möglichkeit der Serie 317 auf die Serie 315 zu sehen. Durch die Gewährleistung eines umfangreichen Supports und einer über die Umbauphase hinausgehenden vertrieblichen Betreuung sieht sich Emig bestens für die Zukunft gerüstet.

Autoren: Robert Bauer, Emig GmbH & Co. KG, Mark Kohl, Vipa GmbH