Einen Gang zulegen

Das Volkswagen Werk in Kassel produziert Doppelkupplungsgetriebe für konzernweite Pkw-Modelle. Voraussetzung hierfür ist eine leistungsfähige Montagelinie, die erst jüngst realisiert wurde. Die Steuerung der komplexen Anlage übernehmen CPUs mit integrierten Ethernet-Kommunikationsprozessoren, die sich nicht nur durch ihre Leistung sondern auch durch hohe Speicherkapazität auszeichnen.

Als 2003 das erste Volkswagen Doppelkupplungsgetriebe DSG (Direct Shift Gearbox) in Serie ging, stand die Fachwelt Kopf. Diese Innovation bot einen bisher unerreichten Schaltkomfort: die einst scharfen Grenzen zwischen Automatik- und Handschaltgetrieben wurden aufgehoben und eine außergewöhnliche Fahrdynamik erreicht. Die Idee des Doppelkupplungsprinzips stammt aus dem Motorsport, wurde in den 80er Jahren von Volkswagen aufgegriffen und seitdem weiterentwickelt. Heute steht das Schaltprinzip für Komfort, Sparsamkeit und Sportlichkeit auf hohem Niveau.

Doppelkupplungsgetriebe auf Erfolgskurs

Allein 2007 wurden konzernweit über 400 000 Sechs-Gang-DSG verbaut; im Februar 2008 feierte die Leitung des Volkswagen Werkes in Kassel gemeinsam mit Prof. Dr. Ing. Werner Neubauer, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen für den Geschäftsbereich Komponente sowie Mitarbeitern des Standorts Kassel das ein millionste Doppelkupplungsgetriebe. Das war auch ein großer Erfolg für die Mitarbeiter im Werk Kassel, dem einzigen Volkswagen- Standort für die DSG-Produktion. Und der Erfolg reißt nicht ab. Prof. Werner Neubauer: "Unsere DSG-Getriebe aus Kassel stehen weltweit für sportlichen Fahrspaß und geringen Verbrauch. Damit verbinden sie das Beste aus zwei Getriebewelten. Auf dem nun eingeschlagenen Weg zur zweiten Million DSG wird diese moderne Technik weltweit den Wettbewerbsvorteil von Volkswagen im Getriebebereich weiter ausbauen". Einen weiteren Gang zugelegt hat Volkswagen mit dem Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, der zweiten Generation der erfolgreichen Entwicklung. In ihm vereinen sich gleich zwei Neuheiten: Zum einen ist es das erste DSG mit sieben Gängen für den Front-Quer-Einbau, zum anderen das erste mit Kupplungen, die nicht in einem Ölbad sondern "trocken" laufen. Somit erreicht das jüngste Volkswagen DSG vor allem einen verbesserten Wirkungsgrad.

Eine der modernsten Anlagen ihrer Art

Die hohe Nachfrage für künftige Doppelkupplungsgetriebe erforderte den Ausbau der Produktionskapazität. Somit wurde am Produktionsstandort Kassel gemeinsam mit der ThyssenKrupp Krause GmbH eine vollständige Montagestraße mit 35 Steuerungen auf der Fläche eines Fußballfeldes realisiert. ThyssenKrupp Krause entwickelt, konstruiert, fertigt und liefert schlüsselfertige Montagesysteme für Aggregate einschließlich der dazugehörigen Prüf- und Testanlagen für die Automobil- und Zulieferindustrie. Die modulare Produktpalette enthält alle Komponenten für die manuelle, halb und vollautomatische Montage von Motoren, Getrieben und Achsen sowie deren Unterkomponenten, die komplette Messtechnik für integrierte Messungen und die Endprüfung. Mit einer Produktionskapazität von mehreren hundert leistungsstarken Getrieben für Benzin- und Dieselmotoren pro Tag zählt diese Anlage zu den modernsten und leistungsfähigsten Ihrer Art. Alle zwei Minuten läuft ein fertiges Getriebe in diesem komplexen Montageprozess vom Band. Das ergonomische Stationsdesign, zugeschnitten auf das Bedienpersonal, sorgt für eine zuverlässige Arbeitssicherheit. Neben den umfangreichen Messaufgaben bietet diese Anlage eine hohe Flexibilität bis auf Losgröße eins. Hohe Anlagenkomplexität fordert leistungsfähige Steuerung Die hochgradige Komplexität der Anlage mit 14 Roboterstationen, vier Transportsystemabschnitten, Bahndrehstationen mit Lageregelung der Drehbewegung sowie Werkstückpositionierung mit Absolutwertgebern forderten ein leistungsfähiges Steuerungssystem. Um den hohen Qualitätsstandard mit automatischer Kontrolle aller Prozessschritte sowie die zentrale Erfassung und Verarbeitung der Betriebs- und Qualitätsdaten zu gewährleisten, war ein belastbares und schnelles Kommunikationsmedium unumgänglich. Doch auch die Wirtschaftlichkeit spielte bei der Wahl des SPS-Systems eine große Rolle. Gefordert waren eine hohe Leistungsfähigkeit hinsichtlich Zyklusverarbeitung, Speicherausbau und Kommunikationsfähigkeit. Diesen Anforderungen wurden die leistungsstarken SPS-Systeme mit Speed7-Technologie von Vipa gerecht.

SPS für viele Leistungsklassen

Die Vipa GmbH versorgt den Maschinen und Anlagenbau seit über 20 Jahren mit zukunftsweisenden Technologien als Anbieter kompletter SPS-Systeme. Mit flexiblen Lösungen, die heute zum Industriestandard gehören und weltweit bei namhaften Kunden eingesetzt werden, kann der Spezialist kompetent und schnell auf Herausforderungen reagieren. Die Möglichkeit systemübergreifend mit Step7 von Siemens programmieren zu können macht Vipa zum kundenfreundlichen SPS-Anbieter sämtlicher Leistungsklassen. Durch die hauseigene Speed7-Technologie steht dem Anwender Leistung satt zur Verfügung. Das flexible Speichermanagement passt sich den Kundenanforderungen optimal an. Der Speicher kann auch nachträglich dynamisch den Anforderungen der Anlage bzw. Applikation angepasst werden, ohne dass bestehende Hardware ausgetauscht werden muss. Ein möglicher Mischbetrieb mit Siemens- Komponenten ist problemlos möglich und rundet den Einsatz der Komponenten und Systeme ab.

Kurze Zykluszeiten als Herausforderung

In der neuen Montagestraße bei Volkswagen in Kassel kommunizieren 37 baugleiche Speed7 CPUs untereinander. Vernetzt wurde die Anlage über die integrierte CPU-Schnittstelle in einem zentralen Verteilerschrank. Zusätzlich wird die Kommunikation zur Leittechnik sichergestellt. Betriebsund Qualitätsdaten müssen in Echtzeit bearbeitet und erfasst werden, um etwaige Probleme sofort erkennen und beheben zu können. Mit Zykluszeiten von nur 0,015 µs bzw. 0,090 µs (Fest-/Gleitpunktarithmetik) und dem hohen Grundspeicher von 1 MByte für Programm und Daten stellte sich die Vipa Speed7 CPU 315SN/NET mit integriertem Ethernet-CP343 lean als bestmögliches SPS-System für diese speziellen Anforderungen heraus. "Die leistungsstarken Kommunikationsschnittstellen on Board, der hohe integrierte Arbeitsspeicher in Verbindung mit der schnellen Speed7- Technologie haben uns überzeugt, auch zukünftig unsere Anlagen mit Vipa Systemen auszurüsten", bestätigt Bernfried Trittin von der ThyssenKrupp Krause GmbH, der das Projekt bei der Volkswagen AG verantwortlich betreute und umsetzte.

VW Kassel - bedeutender Komponentenlieferant
Das Volkswagen-Werk Kassel in Baunatal ist mit derzeit 15 300 Beschäftigten das weltweite Kompetenzzentrum des VW-Konzerns in den Bereichen Getriebebau und Gießereitechnik mit der größten Aluminiumgießerei Europas. Als Getriebeleitwerk versorgt Kassel den gesamten Konzern weltweit mit jährlich zirka 2,8 Mio. Schalt- und Automatikgetrieben. Darüber hinaus erfolgen die Aufbereitung alter Motoren und Getriebe sowie die Fertigung von Karosserieteilen für den Passat und Plattformteilen für die Golf- und Polo-Klasse. Hinzu kommt die Produktion von jährlich mehr als 4 Mio. Abgasanlagen. Ein wichtiges Geschäftsfeld ist auch das Originalteilecentrum: von hier aus erfolgt die weltweite Versorgung der Konzernfahrzeuge mit Originalersatzteilen. Insgesamt zählen neun Marken aus sechs europäischen Ländern zum Konzern: Volkswagen, Audi, Bentley, Bugatti, Lamborghini, Seat, Skoda, Scania und Volkswagen Nutzfahrzeuge. Der Volkswagen Konzern hat im vergangenen Jahr weltweit 6,23 Mio. Fahrzeuge ausgeliefert (Vorjahr 6,19 Mio.; +0,6 %) und damit eine neue Bestmarke erreicht.

Erschienen im MSR Magazin (Autor: Rene Beyer, VIPA GmbH / Nicole Steinicke, MSR Magazin)