Maschinenbau–Präzision und Datentechnik kombiniert

Antriebsstränge für Automobile aller namhaften internationalen Hersteller erzeugt Magna, durch hohe Qualität und konkurrenzfähige Preise einer der Big Player in der Zulieferindustrie. Schnell, sparsam und hoch präzise zugleich müssen die eingesetzten Fertigungsanlagen sein. So wie diejenige für die Montage angetriebener Hinterachsen in Ilz. Ihre Leistungsfähigkeit und ihren modularen Aufbau verdankt die den schnellen, kommunikationsfreudigen Step7-CPUs von VIPA.

Beinahe unbemerkt hat im Automobilbau eine Art Revolution stattgefunden: Heutige Autos müssen nicht mehr eingefahren werden. Und sie lassen manche früher gewohnten Geräusche nicht mehr hören. Das ist eine Folge der Forderung nach höherer Lebensdauer der Fahrzeuge und hat etwas mit Präzision zu tun. Präzision, die beispielsweise dadurch entsteht, dass bei der Montage von Hinterachsen für Kleinlastkraftwagen im steirischen Werk Ilz von Magna Powertrain die Komponenten der Differentialgetriebe selektiert werden. So wird vermieden, dass sich die natürlichen Fertigungstoleranzen der einzelnen Teile aufsummieren. Die Folge ist das völlige Fehlen des früher gewohnten Spiels beim Eingriff der unterschiedlichen Zahnräder. Das erhöht die Lebensdauer und verringert die Gefahr vorzeitiger Abnutzung durch Schläge bei Lastwechsel.

Präzision durch Selektion

Um solche Präzision im Herstellungsprozess zu erreichen, ist bei der Achsmontage die genaue Vermessung des Ergebnisses eines jeden Fertigungsschrittes erforderlich, genauso die permanente Auswertung der zahlreichen Messergebnisse. „Ebenso wenig wie Qualität kann Präzision nachträglich hinzugefügt werden“, weiß Josef Gebeshuber. Er ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der GTech Automatisierungstechnik GmbH im oberösterreichischen Ried im Traunkreis. „Messung, Selektion und Anpassung an die Ist-Maße sind daher als integrativer Hauptbestandteil der eigentliche Kern unserer Produktionsanlagen.“

Diese Prioritätensetzung spiegelt sich auch in der Firmengeschichte wider. Während die meisten Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau von der Mechanik ausgehend über die Antriebstechnik auch in Elektronik und Software expandieren, ist es bei GTech umgekehrt: Das 1997 gegründete Unternehmen konzentrierte sich ursprünglich völlig auf die Informationstechnik und damit die Softwareerstellung. Schon bald kam der Schaltanlagenbau hinzu. Nachdem sich herausstellte, dass die angestrebte Gesamtanlagenqualität nur bei Planung, Herstellung und Montage aus einer Hand zu erreichen ist, wurde das Unternehmen 2001 zum vollumfänglichen Maschinen- und Anlagenbauer. Immer komplexere und umfangreichere Projekte führten 2007 zum Bezug des aktuellen Werksgeländes in Ried/Tr., wo GTech heute als international tätiges Unternehmen mit ca. 70 MitarbeiterInnen etwa EUR 9 Mio. Umsatz erwirtschaftet.

Mechanik und Datentechnik parallel

„Jede unserer Anlagen entsteht auf Basis eines funktionalen Konzeptes“, berichtet der für die Magna-Hinterachsanlage verantwortliche Projektmanager Ing. Luis de la Cruz. „Davon ausgehend können Software, Steuerungselektronik, Antriebs- und Messtechnik Hand in Hand entwickelt werden. Das verkürzt die Entwicklungszeit und garantiert ein anforderungsgerechtes Ergebnis.“ Das ist angesichts kurzer Projektrealisierungszeiten auch unbedingt erforderlich. So wurde der Auftrag für das Magna-Projekt zwei Monate nach Anfrage im Mai 2008 vergeben und die Anlage im Februar 2009 aufgebaut. „Die größte Herausforderung bei dieser Anlage war der zur Verfügung stehende Platz“, erinnert sich Luis de la Cruz. „Daher wählten wir eine Architektur mit autonomen Stationen um eine zentrale Drehscheibe.“ Das sorgte gemeinsam mit dem hohen messtechnischen Aufwand und der Variantenvielfalt für einen sehr hohen Umfang und eine gesteigerte Komplexität der Software.

Verteilte Intelligenz

GTech wählte daher einen dezentralen Aufbau der Hardware in Form von über Ethernet vernetzter verteilter Intelligenz. Dazu ist jede der 13 Stationen mit einer eigenen CPU ausgestattet und dadurch weitgehend autonom. Diese 13 CPUs sind mit einer Haupt-Recheneinheit verbunden, die das Gesamtwerk koordiniert, die Kommunikation zwischen den einzelnen Stationen und der Außenwelt steuert und die Systemdaten verwaltet. „Das ermöglicht eine modulare Inbetriebnahme und auch im Änderungsfall muss nur am jeweils betroffenen Teil der Anlage eingegriffen werden“, beschreibt Josef Gebeshuber wesentliche Vorteile dieses Aufbaus. „Störungsbehebungen, Modifikationen oder auch Erweiterungen müssen nur im jeweiligen Teilprogramm getestet werden und können dem Kunden dadurch schneller und sicherer zur Verfügung gestellt werden.“

Weitere Vorteile ergeben sich durch den Betrieb der CPUs in einem Ethernet- Netzwerk unter TCP/IP als Netzwerkprotokoll: Die Prozessdaten werden in dieser Anwendung völlig transparent mit dem Server ausgetauscht, der die zentrale Datenbank hält. Nicht selten realisiert GTech Anlagen mit verteilter Intelligenz sogar so, dass die einzelnen Stationen einen direkten Datenbankabgleich durchführen. Auch per Fernwartung ist jede der Stationen direkt erreichbar. Der zuständige Techniker in Ried muss sich nicht um andere Programmteile als die betroffenen kümmern, da diese anderswo laufen.

Zum Einsatz kommen bei GTech bereits seit 2005 die CPUs der Serie Speed7 von VIPA. Der Grund für diese Präferenz ist, dass die Step7-kompatiblen CPUs nicht nur bei gleicher Baugröße mehr Leistung bringen als vergleichbare Produkte anderer Hersteller, sondern darüber hinaus die schnelle Ethernet-Ankopplung bereits serienmäßig mit an Bord ist. So können Platz und Kosten für externe Anschaltmodule gespart werden.

Datenflut bestimmt CPU-Typ

Eine der Herausforderungen des Magna-Projektes ist der flexible Arbeitsablauf des Roboterhandlings in einem extremen Arbeitsradius, das zur Gänze mit nur einem Greifer erfolgt, um die Umsteckzeiten einzusparen. Auch in der Messtechnik, wo ständig Soll- und Istwerte sowie Maxima und Minima zu registrieren und mitzuführen sind, stecken gewisse Herausforderungen an die Datentechnik. Obwohl in jeder CPU im Verbund außer der Ansteuerung der Bearbeitungsvorgänge auch größere Datenmengen über Produkt, Bearbeitungsfortschritt, etc. gespeichert und mit der zentralen CPU ausgetauscht werden, reicht dafür die kleinere Variante VIPA 315-2AG12 aus, um die Steuerungszykluszeiten im Bereich von 2-5 ms zu halten.

Die Wahl für die zentrale CPU fiel auf eine VIPA 317-4NE12, denn diese muss zusätzlich zur Kommunikation innerhalb des Steuerungsnetzwerkes laufend mit der Messeinrichtung und dem zugeordneten Roboter kommunizieren. Dabei ist eine Datenrate von 1.800 Frames pro Sekunde zu bewältigen, d.h. es erfolgt ein Datenaustausch alle 0,5 ms.

„Neben den offensichtlichen Vorteilen eines dezentralen Aufbaus, den die VIPA-CPUs unterstützen, überzeugte uns der sparsame Aufbau, der mit diesem Produkt möglich ist“, freut sich Luis de le Cruz. „Durch die überlegene Architektur des Prozessorchips kommen sie mit weniger Platz aus als vergleichbar starke Produkte des Marktführers, und eingesparte Anschaltbaugruppen bedeuten zugleich eine Reduktion möglicher Fehlerquellen.“ Und Josef Gebeshuber ergänzt: „Mit einer ausgewogenen Kombination aus Leistungsfähigkeit und einfacher, universeller Einsatzfähigkeit unterstützen uns VIPA-CPUs dabei, höchste Präzision mit lückenloser Betriebsdatentechnik zu kombinieren. Dadurch können unsere Kunden Produkte erzeugen, für die sie eine hohe Lebensdauer garantieren können.“

Autor: Ing. Peter Kempter / x-technik