FEW, Blankenburg

Intelligente Bahntechnik für Gleisbremsen

Neue und besonders wartungsarme Technik für Gleisbremsen, die in Rangierbahnhöfen das automatische Zusammenstellen von Güterzügen erleichtert

Ohne Gleisbremsen geht beim Rangieren nichts

Güterzüge werden in speziellen Rangierbahnhöfen zusammengestellt. Die Waggons rollen vom Ablaufberg automatisch, über Weichen gesteuert, genau auf das Zielgleis, auf dem der Zug für einen bestimmten Zielbahnhof zusammengestellt wird. Dabei müssen die Waggons kontrolliert abgebremst werden, bevor sie das Zugende des Zielzuges erreichen. Schließlich soll die Ladung beim Rangieren  keinen Schaden nehmen. Was sich zunächst sehr einfach anhört, ist in Wirklichkeit ein äußerst komplizierter Vorgang. Denn bei Mischzügen sind Waggons unterschiedlichster Art zusammengekoppelt. Da variieren z. B. Achszahlen, Achsabstand, Laufeigenschaften, Tonnage und  Länge der Waggons. Auch Windrichtung und Windstärke haben erheblichen Einfluss auf Geschwindigkeit  und damit Bremsverhalten jedes einzelnen Güterwagens.

Umfangreiche Datenerfassung vor und während des Abrollvorgangs

Schon bevor der Güterwagen auf den Abrollberg geschickt wird, sowie auch während des Abrollens müssen diese Daten von zahlreichen Sensoren erfasst werden. Daraus wird die erforderliche Bremsverzögerung in der Gleisbremse errechnet. Dieses Abbremsen geschieht bisher dadurch, dass sich im Gleis hydraulisch und pneumatisch bewegte Bremsblöcke an die Radkränze der Güterwagen legen und den Wagen dadurch abbremsen. Man kann sich vorstellen, dass solche offen liegenden Bremsen mit einem erheblichen Wartungsaufwand für die Beseitigung auslaufenden Öls und wetterbedingter Probleme wie Einfrieren verbunden sind. Da hatte die FEW Blankenburg eine tolle Idee.
   
Die elektrodynamische Gleisbremse – Strom statt Hydraulik und Pneumatik
Statt mit stör- und verschleißanfälliger Hydraulik und Pneumatik arbeitet das Bremssystem mit Strom, die Bewegung der Bremsträger im Gleisbett wird magnetisch ausgelöst. Die mit der Magnettechnik ausgestatteten Bremsträger sind auf beiden Seiten der Bahnschiene beweglich eingebaut und drücken während des Bremsvorgangs gegen das zu bremsende Rad. Bremsstrom und Magnetfeld richten sich nach den für den Bremsvorgang ermittelten Daten und können bis zu 600A bei 750V Gleichspannung erreichen.

Der Clou – der Strom kommt aus Hochleistungskondensatoren

Damit der erforderliche Bremsstrom jederzeit ohne extreme Spitzenbelastung des Stromnetzes zur Verfügung steht, wird er aus Hochleistungsenergiespeichern entnommen. Diese Kondensatoren werden kontinuierlich aufgeladen, der Abrollvorgang wird erst dann ausgelöst, wenn genügend Energie für den Bremsvorgang in den Kondensatoren gespeichert ist. Die Speicherdimensionen sind so gewählt, dass sogar auf eine USV verzichtet werden kann.

Eine Steuerung für alles – mit leistungsfähiger Technik von VIPA umgesetzt.

Die Anforderungen an die Automatisierungstechnik waren sehr hoch: alle Steuer- und Regelprozesse vom Aufladevorgang für die Energiespeicher bis zum präzise berechneten Bremsstrom sollten über eine CPU laufen ebenso wie die schnelle und sichere Verarbeitung aller Messwerte; bei den Statusmeldungen im Stellwerk können das über 700 Variablen sein. Für die VIPA CPUs sprach nicht nur die Takt-Geschwindigkeit, die realisierbar war, sondern auch die Kommunikation über die MPI-Schnittstelle, die für diesen Anwendungsfall gemeinsam mit den VIPA-Spezialisten angepasst werden musste. Auch für die Visualisierung wurde auf 10“ Touch Panels von VIPA zurückgegriffen, beeindruckt haben dabei die leichte Bedienbarkeit in Verbindung mit der Movicon-Oberfläche.

Schon 2006 wurde diese Technik erstmals im Rangierbahnhof Seddin in der Nähe von Berlin eingebaut und läuft seither einwandfrei.